Fogging-Effekt hat viele Ursachen
Es passiert immer im Winter. Wenn die Heizperiode beginnt, kommt der schwarze Ruß wie aus dem Nichts: An der Zimmerdecke der Wohnung setzt sich ein schwarzer Belag fest. Das Phänomen wird Fogging-Effekt genannt. Das Wort kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Vernebelung. Eine einfache Erklärung gibt es für das Problem noch nicht.
Wolfgang Melzer ist Inhaber eines chemisch-technologischen Labors in Bremen. Der Sachverständige wurde schon häufig von verzweifelten Bewohnern gerufen: «Bis zu 100 Fälle bearbeitet unser Labor in jedem Winter.» Warum sich die Beläge bilden, kann auch der Experte den Betroffenen nur schwer erklären. Nur eines sei klar: Abgase von Autos oder Fabriken kommen als Ursache ebenso wenig in Frage wie die Zersetzung von Staubpartikeln an heißen Oberflächen wie zum Beispiel bei Nachtspeicherheizungen. Jedenfalls lassen sich entsprechende Schuldzuweisungen durch chemische Untersuchungen nicht belegen.
Auch der Ruß aus Öfen oder Kaminen kommt Melzer zufolge nicht als Verursacher für den Fogging-Effekt in Frage. Zudem entstehe der Belag unabhängig davon, ob in den Räumen geraucht werde oder nicht. Darüber hinaus spiele auch die Art der Heizung keine Rolle - das Phänomen trete bei allen Heizungsarten auf.
Nach den Erkenntnissen des Umweltbundesamtes (UBA) in Berlin könnten Kerzen oder Öllampen durchaus ein Teil der Ursache für den Fogging-Effekt sein. «Das ganze ist wie ein Puzzle-Spiel. Damit das Bild stimmt, müssen viele Teile richtig zusammen kommen», erklärt Heinz-Jürgen Moriske, Leiter des Referats für Innenraumhygiene beim UBA. Ein wichtiges Puzzleteil sind nach Ansicht verschiedener Experten chemische Weichmacher in kunststoffhaltigen Einrichtungsgegenständen.
Weil der Fogging-Effekt meistens in frisch renovierten Wohnungen auftritt, fällt der Verdacht schnell auf Wandfarben und Teppichböden. Diese dünsten, sofern sie Weichmacher enthalten, die schwerflüchtigen organischen Verbindungen (SFOV) aus - Gase, die im Bereich von Kältebrücken einen klebrigen Film bilden. Kältebrücken sind bei Um und Neubauten nicht ausreichend getrocknete Wände sowie feuchte und kalte Oberflächen wie Fliesen oder Fensterrahmen. Mit der strömenden Heizungsluft setzt sich hier Staub ab und bildet den grauschwarzen Belag. Das erklärt auch, warum der Fogging-Effekt ausschließlich während der Heizperiode auftritt.
Einen geringen Trost für Betroffene gibt es: «In jedem zweiten Fall verschwindet das Phänomen nach einer Heizsaison wieder», sagt Moriske. Um dem Fogging-Effekt möglichst vorzubeugen, empfiehlt der Experte, die Wohnung im Sommer zu renovieren und in der Zeit danach ausgiebiger als sonst zu lüften. Dadurch verflüchtigen sich die Weichmacher eventuell bis zur kalten Jahreszeit. Kehrt der schwarze Film mit jeder Heizperiode zurück, ist Abhilfe laut Melzer meist nur durch einen kompletten Austausch der Einrichtungsgegenstände gegen Naturprodukte zu schaffen. Dazu gehören Stoffe aus Wolle, Kokos- oder Sisalteppiche sowie Raufaser- oder Papiertapeten.
Besonders tückisch ist, dass der Fogging-Effekt vielleicht nur in einer einzigen von dutzenden in einem Häuserblock renovierten Wohnungen auftaucht. «In dieser Wohnung steht dann das Möbelstück, welches das Fass sozusagen zum Überlaufen bringt», erklärt Dirk Petersen, Umweltexperte der Verbraucher-Zentrale Hamburg. Zudem ist es auch noch äußerst problematisch, den Verursacher mit hundertprozentiger Sicherheit ausfindig zu machen. «Gelingt dies, kann sich der Betroffene mit dem Ergebnis an den Hersteller wenden», sagt Petersen. Dazu ist Melzer zufolge jedoch wegen der unsicheren Rechtslage ein langer Atem erforderlich.
Die Chancen, vor Gericht gegen den Vermieter einen Anspruch auf Schadenersatz durchzusetzen, schätzt Heinz-Jürgen Moriske als mäßig ein: In etwa zwei Drittel der Fälle komme es zu einem Vergleich, weil es keiner der Streitparteien gelinge, den Richter von einer einzigen Ursache zu überzeugen. Nach dem Rest der Verfahren seien Gewinner und Verlierer zu gleichen Teilen unter Hausbesitzern und Mietern zu finden. Finde sich ein etwa Mangel an der Bausubstanz, stünden die Karten für den Hausbesitzer schlecht. Könne hingegen dem Bewohner zum Beispiel ein häufiger Gebrauch von Kerzen nachgewiesen werden, sinken seine Chancen auf Schadenersatz drastisch.
Immerhin haben die Beschwerden und Klagen Betroffener auch den Farbenherstellern das Problem verdeutlicht. Einige führende Produzenten von Wandfarben haben Melzer zufolge die verdächtigen Weichmacher aus ihren Produkten entfernt.
Zwar ist das Wissen über die Ursache des Fogging-Effekts gewachsen. «Aber das Problem wird in den nächsten Jahren zunehmen», warnt Moriske. Ein Grund sei die neue Energieeinsparverordnung, die am 1. Januar 2002 in Kraft treten soll. Diese sei zwar aus ökologischer Sicht sinnvoll. Die damit verbundene bessere Isolierung von Neubauten sorge allerdings für geringeren Luftwechsel, was den Fogging-Effekt begünstige.
(Quelle: http://www.immobilien-in-muenchen.de)